Eine neue Dimension im Erleben der Realität.
Mein Physik- und Mathelehrer hat in den 80ern mit uns seine Visionen von einer vierten Dimension geteilt. Einer Ebene, die es neben unserer Realität gibt, die wir nicht sehen können, die aber da ist. Damals habe ich nur Bahnhof verstanden. Und neulich, als ich mich zum ersten Mal mit Augmented Reality (AR) in Verbindung mit Markenerlebnissen befasst habe, musste ich unweigerlich daran denken. Das hier in der Tat seine wirre Vision von einer – für viele nicht sicht- oder erlebbare vierte Dimension Wirklichkeit wird.
Immer neue Medien sorgen für immer neue Markenerlebnisse.
Auch im Zeitschriftenmarkt haben Marken es verstanden, sich neue Medienkanäle und Formate zu suchen, neue Markenerlebnisse zu schaffen. Mit Höreditionen, Büchern, und seit neuestem mit digitalem Content fürs iPad. Während also nicht nur ich noch damit befasst bin, zu überlegen, wie denn nun Tablets künftig unseren Medienkonsum und damit auch das Angebot von Verlagen massiv verändern, gilt es, sich auch mit allen anderen neuen Technologien und Auswirkungen auf den Medienbereich zu befassen. Denn mit immer neuen technologischen Möglichkeiten und neuen medialen Touchpoints stehen Printmarken vor der Herausforderung, nicht nur Inhalte elektronisch erlebbar zu machen, sondern Content anders zu betrachten und neue Möglichkeiten der Differenzierung und Markenerlebbarkeit zu suchen. Kein Wunder, das zum Beispiel eine Marke wie Audi beim E-publishing für das iPad Vorreiter ist – denn das Markenversprechen „Vorsprung durch Technik“ findet hier seine logische Konsequenz auch in der Wahl der medialen Plattform. Hier vorn dabei zu sein, ist qua Markenversprechen keine Option, sondern ein Muss.
Unsere Medienkultur gibt den Takt an.
Immer mehr Menschen sind immer häufiger dauerhaft „on“ – und seit je her bieten Marken optimalerweise eine „brand experience“. Wirft man die beiden Punkte zusammen, dann ist man ganz schnell beim Thema „Connected Experiences“. Ein Großteil der Bevölkerung wird künftig erwarten, kontinuierlich Zugang zu digitalen Inhalten zu haben – egal, ob zu hause oder unterwegs. Das gilt auch für das, was wir bisher als typischen Print-Content kennen.
Im Bereich der Reisemedien ist das längst angekommen – die Vielzahl der Reiseführer in App-Form zeigt, das Mobilität und digitale Inhalte hier eine logische Verbindung finden. Denn wann, wenn nicht unterwegs und möglichst unauffällig und praktisch brauche ich diese Form der Ratgeber – jedes Smartphone schlägt künftig den schweren, unpraktischen Reiseführer oder auch nur eine sperrige Geo Saison. Aber ist das schon alles – mir einfach nur ein paar Tipps zu geben, die ich in ähnlicher Form auch gedruckt erleben kann?
Neue Techniken sorgen für eine andere Erlebnisebene.
Besonders Medienmarken können von den neuen Möglichkeiten profitieren. Denn ganz schnell stellen wir fest: eine neue mediale Dimension wird verfügbar. Nicht nur digitaler Content, der sich anders konsumieren lässt wie über das iPad. Sondern ein neues Erlebnislevel hält Einzug in unser Leben.
Wo liegt der Mehrwert für Medienmarken im Aufgreifen von neuen Technologien? Wie publizieren Marken heute bereits für Konsumenten spannende Erlebnisse? Und was steckt speziell hinter dem Schlagwort „Augmented Reality“ (AR) , wenn es darum geht, Medienmarken erlebbar zu machen? Denn schließlich wird AR heute als das nächste Massenmedium gehandelt (s. Layar Slideshare Präsentationen und andere).
Augmented Reality bereichert im besten Fall unser physisches Umfeld.
Augmented Reality (AR) verspricht Konsumenten ein besonders tiefes, nachhaltiges Erlebnis – dadurch, das eine digitale Ebene in Form von Daten und Bildern über die um uns wahr genommene Realität gelegt wird und über bestimmte Geräte sichtbar gemacht wird. Dabei gibt es einen Unterschied zwischen „innen-AR“ –also PC und kamerabasierte Anwendungen, vor die meist ein Stück bedrucktes Papier gehalten wird. Und den „aussenorientierten“, mobilen AR-Anwendungen, wo das Smartphone einfach in die Landschaft gehalten wird.
Zu ersterem gehört z.B. die „Esquire Augmented Reality Issue“. (noch mehr als Film hier). Generell ein Bereich, der auch in der Werbung (z.B. von Nike in 2009) bereits genutzt wird. Das SZ-Magazin hat etwas Ähnliches im August gemacht – mit der Smartphone App Jumaio konnte man einzelne Teile des Hefts zum Leben erwecken.
All das sind immer wieder lustige Spielereien, in denen einzelne Magazinteile zum Leben erweckt werden können, plastischer und dreidimensionaler werden, eine dahinter verborgene Ebene preis geben. Meist kommen sie mit wenig echtem Nutzwert daher.
Medienanwendungen sollten daher so mobil und nahtlos wie unser Leben sein.
Viel interessanter sind die mobilen Möglichkeiten. So können z.B. Städte ganz neu erlebt werden: alte Bauten aus längst vergangenen Zeiten wieder auferstehen, ebenso aber auch Projekte, die erst in der Entstehung sind, werden so 3-D erlebbar. Und nicht nur Objekte, auch ganze Personengruppen können so „lebendig und erlebbar“ gemacht werden. Eine Tour durch die Abbey Road kann dabei dann z.B. die Beatles die Straße überqueren lassen. Kein Wunder, das Conde Nast bereits diesen Sommer die ersten AR Travel Guide Apps herausgebracht hat.
Je schneller und nahtloser AR in den Medienkontext der Nutzer eingebunden ist, desto stärker wird es eine echte Rolle dabei spielen, Erlebnisse zu schaffen. Mit Layar Stream können die User z.B. Content entdecken, da wo sie gerade sind – und müssen gar nicht erst mühselig über bestimmte Apps danach suchen.
Das Digitale wird mit Augmented Reality Teil der physischen Welt. Immer stärker vermischen sich damit digitale und reale Anteile unserer Welt und Content aus beiden Ebenen wächst zusammen und ergänzt sich. Je geringer der Aufwand ist, diese Angebote zu entdecken und zu nutzen, desto größer wird ihre Rolle für Marken werden. Bereits in wenigen Jahren werden vermutlich alle Smartphones AR-fähig sein (Gartner prognostiziert das für 2013). Und das ist nur der erste Schritt – die Zukunft wird sich stärker vom Endgerät lösen und näher an unsere Augen orientieren – mit entsprechenden Brillen oder Kontaktlinsen (s. National Geographic Online, Nov. 2010).
AR muß Bedürfnisse reflektieren – über die Erweiterung bestehender Formate oder neue Produkte.
Die Tiefe des jeweiligen Erlebnis hängt stark davon ab, in wie weit der Nutzer eingebunden wird – handelt es sich um ein reines Sichtbarmachen, um die Option der Interaktion – z.B. über einen AR-Shop oder geht es soweit, das echtes Engagement, eine „immersive experience“ zum Beispiel in Form von einem AR-Spiel gemacht wird?
Da lässt sich natürlich kulturkritisch fragen, in wie weit wir durch so viel reichhaltige Inhalte noch zu Interaktionen mit den Menschen um uns fähig sind. Das fragt sich auch Scott Rigby, der Gründer von Immersyve – einer Forschergruppe, die sich mit den Effekten u.a. von Videospielen befasst: "What will the consequences be of immersing yourself in a world that is isolated from the person standing next to you?"
Dabei wird ein Punkt ganz wesentlich sein – in wie weit Menschen sich für diese zusätzliche Dimension in ihrer ohnehin komplexen Realität interessieren. Denn nur, wenn das Erlebnis hier in der Tat nützlich und erlebnisreich ist, wird es tatsächlich eine wesentliche neue Dimension addieren.
Denn hier lässt sich ganz einfach die direkte Übersetzung von AR heran ziehen: erweiterte, angereicherte Realität – also etwas, das wirklich MEHR als bisher bietet. Das kann eine Erweiterung bestehender Medienformate sein – aber auch die Entwicklung von ganz neuen Marken, die die Vielzahl technischer Möglichkeiten integrieren und ein neues Medienerlebnis schaffen – und dabei nicht nur auf neue Medienplattformen fixiert sind.
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Wer jetzt immer noch nicht genug vom Thema hat - hier ist noch eine ganze Sammlung von Links zu Filmen, Studien oder generellen Aspekten, die mir in den letzten Wochen dazu über den Weg gelaufen oder zugeschickt worden sind. Dafür noch ein Dank an alle - speziell an Horst und Simone ;-) Einige davon sind wirklich sehr interessant.
Aktuell gibt es ein sehr umfassendes White Paper zum Thema "AR" unter dem Titel "Vom Internet zum Outernet" von 2b Ahead zum download hier. Eine Podiumsdiskussion zum Thema von der demexco gibt es hier. Und dieser Artikel aus dem Dezember 2010 bezieht sich u.a. auf eine aktuelle Forrester-Studie, die das Thema "mobile AR" kritisch betrachtet.
Neben Layar gibt's natürlich noch die Konkurrenz aus Österreich mit dem Namen Wikitude. Die haben in ihrem (englischen) Pressebereich einen Artikel aus dem Economist verlinkt - ganz interessant.
Infos zu 15 verschiedenen AR-iphone Apps gibt es u.a. hier - der Artikel stellt die Apps ausführlich vor, ist allerdings auch schon von 2009.
Die beiden Klassiker zum Thema AR in der (Print-)Werbung:
Mini & General Electric (Smart Grid)
AXA definiert Print-Werbung neu mit dem Anzeigenmotiv für den Launch der eigenen App.
Eye-Pet (Konsolen-Spiel) von für die Sony Playstation - quasi AR für jedermann - auf dem heimischen Fernseher oder auf der Playstation Portable. Und auch im Bereich der persönlichen Darstellung nützlich: der erste AR CV der Welt - was das ist, lässt sich hier rausfinden.
Teile des oben stehenden Beitrags erschienen in der new business Rubrik „Strategy Corner“ – in dem sich jede Woche Mitglieder der APG zu einem Thema ihrer Wahl äußern. Ein Forum dafür gibt es auf der APG-Homepage (www.apgd.de).
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