"Revolution does not happen when society adopts new tools, it happens when society adopts new behaviours." (Clay Shirky)
Unsere kommunikative
Infrastruktur ist digital – und so wachsen die digitalen Mediaspendings kontinuierlich,
und werden bis 2015 rd. 37% des Budgets ausmachen. Es reicht aber nicht,
einfach neue Kanäle zu bedienen – sondern es ist wesentlich, die Veränderungen
im Verhalten zu verstehen, um mit Ideen Menschen zu
erreichen. Denn nicht Medien sind "social", sondern die Menschen, die sie nutzen.
Die digitale
Infrastruktur gehört zum Alltag für alle.
Digital
hat uns alle erreicht. Drei Viertel aller Deutschen nutzen das Internet, die
„digital Souveränen“ unter ihnen sind täglich rund 3 Stunden online aktiv. In der Altersgruppe zwischen 14 und 29 Jahren liegt der Anteil der Internetnutzerbei 98 Prozent. Wir sind
alle online, zunehmend auch mobil. 90 Prozent der 14 bis 29-Jährigen sind Teil eines sozialen Netzwerks, beim Rest
der Bevölkerung immerhin noch 55%.
Facebook führt mit großem Abstand - in Deutschland sind es über 22 Millionen
aktive Nutzer, die im Schnitt rund 130 Freunde haben und zur Hälfte täglich
Facebook nutzen (2/2012) . Aber auch andere Plattformen wie YouTube oder
Twitter werden von immer mehr Menschen genutzt.
Digitale Möglichkeiten,
die mehr als nur unser Medienverhalten verändern.
Es
entwickeln sich neue, teils flüchtige, teils parallele Formen der
Mediennutzung. So wechseln jüngere Nutzer bis zu 27 Mal in einer Freizeit-Stunde das Medium. Jeder dritte Fernsehzuschauer zwischen 14 und 49 Jahren surft zumindest gelegentlich parallel zum Fernsehen im Internet.Vor
allem zu Reportagen, Sport und Realityformaten tauscht man sich zunehmend
während der Sendung mit anderen online aus. Parallel zu den TV-Nachrichten werden weitere Informationen online recherchiert (GfK Media Efficency
Panel, Ergebnisse z.B. für KW 25/ 2010 ). Nicht nur zum aktuellen Tatort spielen sich auf Facebook, über Twitter und in
speziellen Foren parallel Expertenrunden ab.
Neuen
Medienmöglichkeiten lassen neue Verhaltensweisen entstehen. So sind die
digitalen Schnappschüsse vom Essen im Restaurant nicht nur ein Spleen einiger
weniger. Auf Instagram sind rd. 1,3 Millionen Bilder mit dem Schlagwort „food“
versehen. Gerichte sind damit das Motiv Nummer eins. Erst danach folgen Themen
wie „family“ oder „car“. Mit „foodspotting“ gibt es bereits eine eigene
Plattform, auf der User nicht nur Restauranttipps geben, sondern ganz spezielle
Gerichte empfehlen. So verändern neue mediale Möglichkeiten nicht nur unser
Verhalten, sondern ganz nebenbei auch unsere Esskultur.
Neue Möglichkeiten, auch
mehr miteinander zu teilen.
Was
uns im Mitmachnetz am meisten fasziniert, zeigen YouTube-Charts,
Trending Topics bei Twitter oder die Memology von Facebook: Lustige Katzen und
Babys, spektakulär eklige oder unglaubliche Dinge und How-To-Videos verbreiten
sich am besten. Aktueller Höhepunkt: eine Milliarde Zuschauer für den
Gangnam-Style eines bis dato unbekannten Koreaners in diesem Jahr.
Die
psychologischen Motive des Teilens sind dabei nicht so trivial wie viele der
Inhalte. Teilen stärkt unsere Beziehungen, gibt uns das gute Gefühl der
Verbundenheit. Es zeigt, was uns wichtig ist, wer wir sind oder sein möchten.
Eine Studie der New York Times ergab: 78 Prozent der Befragten teilen
Informationen, um mit anderen verbunden zu sein und 84 Prozent teilen Ideen,
Konzepte, Events, Aktionen oder Marken, weil sie ihnen wichtig sind, sie eine
Bewegung oder Idee unterstützen wollen. Was wir teilen, nehmen wir intensiver
wahr: 73 Prozent sagen, sie verarbeiten Informationen gründlicher, wenn sie
diese teilen.
Marken finden darauf bisher nur unzureichende Antworten.
Die
logische Antwort für Marken wäre darauf: möglichst viel tollen Content
entwickeln, den möglichst viele Menschen miteinander teilen wollen. Oder zumindest
offen zu sein für einen Dialog über die digitalen Medien. Aber für viele Marken
bleibt der Social Space noch eine Einbahnstraße. Sie sind präsent, aber passiv
und bieten nicht die Interaktionsmöglichkeiten, die Menschen erwarten. Laut
einer Studie von A.T. Kearney reagiert rund die Hälfte der Marken gar nicht auf
Kundenrückmeldungen und 94 Prozent der Unternehmen leiten ihre Besucher auf
eine Seite, die nur Kommunikation in eine Richtung zulässt. Wo Menschen sich
persönliche Interaktion wünschen, bieten die meisten nur werbliche Posts.
Soziale
Netzwerke werden von ihren Nutzern aber als private Räume betrachtet, in denen sie
nicht mit nervigen Markenbotschaften berieselt werden möchten. Selbst die, die
ihre Wertschätzung für Marken online zeigen, sind ambivalent in ihrer
Zuneigung. Obwohl 40% der Marken-Follower ihre Verbundenheit demonstrieren
möchten und 26% aktiv Produkte mitgestalten wollen - gebuchte Werbung wird von 55% als störend empfunden.
Zwar schreiben 47% online Kommentare zu Marken – aber rd. 57% lehnen es ab,sich intensiv mit Marken im Social Media-Umfeld zu befassen und reflektieren
damit, was online oft an Marken-Content vorzufinden ist: Freundlose
Facebook-Profile und Blogs, die keiner lesen will. Das erklärt auch teilweise die durchschnittlich
nur 1,4% der Markenfans auf Facebook, die in einem intensiven Austausch mit „ihrer“ Marke stehen.
Verhalten entscheidet
darüber, wie Marken auf Partizipation setzen können.
Die
aktiv Partizipierenden sorgen für Multiplikation und damit für die vielzitierte
„earned media“, indem sie produzieren, kommentieren und Inhalte teilen - und macht sie zu
den für Marken relevanten Botschaftern. Der Webdesign-Experte Jakob Nielsen hat dazu die „90-9-1 Regel“ zur Nutzung von Communities aufgestellt: 90 Prozent lesen
und schauen nur zu, 9 Prozent beteiligen sich von Zeit zu Zeit, und nur 1
Prozent der Nutzer trägt aktiv Content bei und ist für den Großteil der
Beiträge verantwortlich. Sie helfen, Content zu
produzieren, zu kommentieren und mit anderen zu teilen - und sorgen so auch
dafür, das eine Idee sich verbreitet.
Die
1-9-90 Regel erläutert auch, was u.a. das geringe Engagement-Level von
Markenfans vermuten lässt: ein großer Teil will nur gucken – und nicht aktiv gestalten.
Aber die, die aktiv sind, formen und verbreiten das, was am Ende auch diesen
Teil erreicht, der nur zuguckt.
Technologie ist Motor für
Ideen, die Verhalten verstehen.
Wir
sind und bleiben soziale Wesen – nur sind wir heute besser denn je vernetzt.
Wir teilen Inhalte auf neue Art und in einer nie dagewesenen Vielfalt. Mit
zunehmender Vernetzung untereinander erwarten wir auch von Marken mehr
Möglichkeiten der Interaktion. Dabei setzen gute Ideen nicht blind auf alles,
was technisch machbar ist. Was zählt, ist nicht die neue Technologie, sondern die
Art und Weise wie Menschen sie für sich adaptieren. Wir dürfen deshalb nicht in
Medien denken, sondern müssen kreative Lösungen entwickeln, die sich unser soziales
Verhalten zu Nutze machen.
Die
Schnittstellen für Marken schaffen, Wege, sich einzubringen und Inhalte mit
anderen zu teilen. Dialog statt Monolog, der nicht auf Konsumenten zielt,
sondern Menschen über persönlichen Nutzen und Mehrwert involviert. Mit Ideen,
die auf unser Verhalten zugeschnitten sind und die uns zum Mitmachen anregen,
zum Gestalten, Spielen, Teilen bringen.